Auch bei Sozialleistungsträgern, wie dem Sozialamt oder dem Jobcenter, kann man Schulden haben. Sie entstehen vor allem durch Rückforderung von Darlehen und Rückforderung von unberechtigt ausgezahlten Leistungen.
Kommt man in eine solche Situation, ist es wichtig zu wissen, von welchem Amt die Forderung stammt. Die Regelungen sind unterschiedlich, je nachdem, ob jemand SGB II-Leistungen („Bürgergeld“) oder Sozialhilfe nach dem SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung) erhält.
Schulden aus Darlehen
Wer aufgrund besonderer Lebensumstände oder einer Notlage kurzfristig mehr Geld für seine alltäglichen Bedürfnisse braucht und dies nicht aus den monatlichen Zahlungen des Amts oder aus seinem Vermögen bestreiten kann, dem kann auf Antrag für einen sogenannten „unabwendbaren Bedarf“ ein Darlehen gewährt werden.
Beispiele für einen unabwendbaren Bedarf:
- Geld zur Wohnraumsicherung bei Mietschulden oder nicht gezahlten Rechnungen für Strom oder Wasser
- Kaution bei Anmietung einer neuen Wohnung
- Notwendige Reparaturen von Herd oder Waschmaschine
- Notwendiger Kauf von neuen Winterkleidern für heranwachsende Kinder
- Ersatz bei Diebstahl oder sonstigem Verlust
Wofür man ein Darlehen erhalten kann und vor allem, unter welchen Bedingungen man es zurückzahlen muss, hängt maßgeblich davon ab, ob man Leistungen nach SGB II (Jobcenter/ Arbeitsagentur) oder Leistungen nach SGB XII (Sozialamt) bezieht.
Beim Bürgergeld (SGB-II) ist die Rückzahlung des Darlehens gesetzlich geregelt. Solange man Bürgergeld bezieht, wird der Rückzahlungsanspruch des Jobcenters durch Kürzung des Regelbedarfs um 5 % ab dem Monat der Auszahlung getilgt. Erhält man kein Bürgergeld mehr, z. B. wegen Aufnahme einer neuen Arbeit, und ist zu diesem Zeitpunkt das Darlehen noch nicht zurückgezahlt, so wird die geschuldete Restsumme sofort in voller Höhe fällig.
Bei der Sozialhilfe ist die Rückzahlung nicht gesetzlich geregelt, sondern wird individuell durch einen Festsetzungsbescheid festgelegt oder richtet sich nach den im Voraus vereinbarten Regeln im Darlehensvertrag. Voraussetzung für eine Rückforderung ist immer, dass die Notlage, weswegen man ein Darlehen aufnehmen musste, nicht mehr besteht und man durch die Rückzahlung nicht erneut hilfebedürftig wird. Hier muss immer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Darlehensnehmers Rücksicht genommen werden.
Schulden aus Rückforderungen von Leistungen
Bei folgenden Tatbeständen kann das Jobcenter oder das Sozialamt Leistungen zurückfordern:
- Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit bei sozialwidrigem Verhalten
- Zu Unrecht erhaltene Leistungen aufgrund falscher Angaben des Betroffenen, unrichtige Sachverhaltswürdigung oder Fehler im Verwaltungsverfahren, die zu einem fehlerhaften Leistungsbescheid führen.
1. Sozialwidriges Verhalten
Von sozialwidrigem Verhalten im Rahmen von Bürgergeld oder Sozialhilfe spricht man, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig seine Notlage oder seine Hilfebedürftigkeit selbst verursacht hat. Zum Beispiel, wenn man ohne Grund seinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz aufgibt und dadurch das regelmäßige Einkommen wegfällt. Oder wenn jemand innerhalb kurzer Zeit ein hohes Vermögen verschwendet, obwohl er damit seinen Lebensunterhalt hätte sichern können.
Sowohl beim Bürgergeld als auch bei der Sozialhilfe ist man bei sozialwidrigem Verhalten zur kompletten Rückzahlung der Leistung verpflichtet (§ 34 SGB II, § 103 SGB XII). Dazu erlässt das Amt einen Bescheid. Befindet man sich zu diesem Zeitpunkt noch im Leistungsbezug, kann mit dem laufenden Leistungsanspruch aufgerechnet werden. Dies bedeutet, dass die nächste monatliche Zahlung niedriger ausfällt, weil die Behörde einen Teil der geschuldeten Summe einbehält. Bei sozialwidrigem Verhalten ist das 30 % des Regelsatzes (§§ 34, 43 Abs. 2 SGB II; § 26 Abs. 2, § 104 SGB XII).
Von der Rückzahlung kann nur abgesehen werden, wenn diese eine Härte für den Betroffenen darstellen würde. Dies muss im Einzelfall geprüft werden. Die Anerkennung eines Härtefalls unterliegt aber strengen Voraussetzungen und muss fast immer gerichtlich erkämpft werden.
Achtung: Diese Art von Schulden können vererbt werden! Diese Art von Schulden hat nur derjenige zurückzuzahlen, dem man das sozialwidrige Verhalten vorwerfen kann. Unbeteiligte wie andere Familienmitglieder – auch wenn sie zur Bedarfsgemeinschaft gehören – sind keine Schuldnerinnen oder Schuldner.
2. Zu Unrecht erhaltene Leistungen
Werden Leistungsbescheide verändert oder aufgehoben, weil sie fehlerhaft sind, und ist es dadurch zu einer Überzahlung gekommen, haben das Jobcenter oder das Sozialamt einen Rückzahlungsanspruch gegen den Betroffenen.
Beim Bürgergeld darf der Aufrechnungsbetrag maximal 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs nicht überschreiten (§§ 41, 43 Abs. 2 SGB II).
Im Sozialhilferecht gibt es nur die Obergrenze von 30 % der Regelbedarfsstufe 1; hier hat das Sozialamt einen weiten Ermessensspielraum, was die Höhe der Aufrechnung betrifft. Sowohl bei der Sozialhilfe als auch beim Bürgergeld (wenn dort auch eingeschränkter) steht die Aufrechnung im Ermessen der Behörde. Sie muss im Einzelfall entscheiden, ob und in welchem Umfang eine Aufrechnung durchgeführt wird und diese Entscheidung auch begründen.
Achtung: Sind im Rückforderungsbescheid keine Ausführungen zu der Ausübung des Ermessens vorhanden, ist dies rechtswidrig! Hier sollte Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden.
Hat eine Person eine Leistung zu Unrecht erhalten, die aber allein auf eine fehlerhafte Berechnung der Behörde zurückzuführen ist, so muss sie diese nur zurückzahlen, wenn sie den Fehler erkennen konnte. Hat sie dagegen auf die Richtigkeit dieses Bescheids vertraut und im Vertrauen darauf die Leistung verbraucht, muss sie die eigentlich unrechtmäßige Leistung nicht zurückzahlen.
Wann jemand gutgläubig ist und auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns vertrauen darf und wann er bei sorgfältiger Betrachtung den Fehler selbst hätte erkennen können, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Misstrauen ist z. B. dann angebracht, wenn ohne erkennbaren Grund eine regelmäßig wiederkehrende Leistung plötzlich höher ausfällt, ohne dass dies im Bescheid begründet wird.