Verbraucherinsolvenz (VIV)

Sie sind verschuldet und können in den nächsten Jahren Ihre Schulden nicht mehr bezahlen? Dann kann möglichweise ein Insolvenzverfahren ein Ausweg sein.

Achtung: Es kann nur ein grober Überblick über das Insolvenzverfahren gegeben werden. Ein Insolvenzverfahren ist keine schnelle Lösung. Manchmal gibt es gute Gründe, die gegen einen Insolvenzantrag sprechen. Es muss daher immer gut überlegt werden, ob ein Insolvenzverfahren sinnvoll ist. Hierzu ist eine gute und seriöse Beratung notwendig!

Hinweis: Selbstständige müssen einen Antrag auf ein Regelinsolvenzverfahren (RIV) stellen. Dieses unterscheidet sich vom VIV vor allem dadurch, dass die Stufen 1 und 2 wegfallen. Das RIV gilt auch für ehemals Selbstständige, wenn mehr als 19 Schuldverhältnisse bestehen oder es sich bei mindestens einer Forderung um nicht abgeführte Sozialabgaben oder Löhne für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelt.

Wie funktioniert das VIV?

Das Verfahren kann man sich wie eine Treppe vorstellen:

  1. Stufe: Versuch einer Einigung mit allen Gläubigerinnen und Gläubigern
  2. Stufe: Gerichtlicher Schuldenbereinigungsplan (diese Stufe kann wegfallen)
  3. Stufe: Gerichtliches Insolvenzverfahren
  4. Stufe: „Wohlverhaltensphase“

Mit erfolgreichem Abschluss der 4. Stufe erhalten Sie die Restschuldbefreiung. Damit müssen Sie die Schulden nicht mehr zahlen, die zu Beginn des Insolvenzverfahrens vorhanden waren.

Stufe 1: Außergerichtlicher Einigungsversuch

Voraussetzung 1: Sie müssen alle Ihre Schulden angeben. Oft sind nicht mehr alle Schulden bekannt. Sagen Sie das in der Beratung!
Voraussetzung 2: Sie müssen künftig mit Ihrem Geld auskommen, also nur noch Schulden machen, die Sie auch bezahlen können.

Zuerst muss versucht werden, eine Lösung mit allen Gläubigerinnen und Gläubigern zu finden. Suchen Sie Hilfe bei einer Schuldnerberatungsstelle oder einer spezialisierten Anwaltskanzlei (am besten mit Beratungshilfeschein).

Wichtig ist, dass Sie dort alle Schulden nennen (auch wenn Sie möglicherweise mit den Forderungen nicht einverstanden sind). Auch laufende Zahlungen sind anzugeben! Teilen Sie außerdem mit, ob Sie noch etwas Wertvolles besitzen (z. B. Auto, Lebensversicherung, Grundstück).

Gelingt die Einigung mit allen Gläubigerinnen und Gläubigern (z. B., weil Dritte Geld zur Verfügung stellen), ist kein Insolvenzverfahren notwendig. Wird der Regulierungsvorschlag abgelehnt, erhalten Sie darüber eine Bescheinigung. Diese benötigen Sie, um das Insolvenzverfahren beantragen zu können. Beim Ausfüllen des Antrags (Vordruck) sollten Sie sich helfen lassen.

Stufe 2: Gerichtlich unterstützter Schuldenbereinigungsplan

(Diese Stufe wird oft ausgelassen.)

Das Insolvenzgericht entscheidet, ob nochmal eine Einigung versucht wird. Das ist möglich, wenn der außergerichtliche Einigungsversuch nur knapp gescheitert ist. Sollte die Mehrheit der Gläubigerinnen und Gläubiger (nach Köpfen und Schuldsummen) dem Plan zustimmen, kann das Insolvenzgericht die ablehnenden Gläubigerinnen und Gläubiger zur Annahme „zwingen“.

Stufe 3: Gerichtliches Insolvenzverfahren

Erscheint die Stufe 2 aussichtslos (oder ist sie gescheitert), eröffnet das Gericht Ihr Insolvenzverfahren und macht dies im Internet bekannt. Es setzt eine Insolvenzverwalterin bzw. einen Insolvenzverwalter ein, um hauptsächlich 2 Aufgaben zu erfüllen:

  • Alle Forderungen, die Gläubigerinnen und Gläubiger gegen Sie anmelden, zu überprüfen.
    Achtung: Es kann sein, dass Forderungen als „aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammend“ angemeldet werden. Dies kann auch nicht bezahlter Unterhalt sein. Prüfen Sie deshalb, ob wirklich eine vorsätzliche unerlaubte Handlung zugrunde liegt; wenn der Vorwurf nicht richtig ist, legen Sie beim Insolvenzgericht Widerspruch ein. Falls Sie keinen Widerspruch einlegen, fällt diese Forderung nicht unter die Restschuldbefreiung. Für den Widerspruch sind kurze Fristen vorgesehen. Kümmern Sie sich umgehend!
  • Ihr pfändbares Vermögen und pfändbares Einkommen einzuziehen und eventuell auch Zahlungen der letzten Monate zurückzufordern. Wird Geld eingezogen, werden davon zunächst die Kosten des Insolvenzverfahrens bezahlt.

Achtung: Es wird überprüft, was Sie im Insolvenzantrag angegeben haben. Haben Sie Einkommen oder Vermögen nicht angegeben, droht Ihr Insolvenzverfahren zu scheitern.

Stufe 4: „Wohlverhaltensphase“

Am Ende von Stufe 3 wird das Insolvenzverfahren durch Gerichtsbeschluss aufgehoben und die

„Wohlverhaltensphase“ beginnt. Der pfändbare Teil Ihres Einkommens wird weiterhin eingezogen. Sollten Sie etwas erben, müssen Sie die Hälfte davon abgeben. Sie können das Erbe aber auch ausschlagen. Zahlungen an einzelne Gläubigerinnen und Gläubiger dürfen Sie nur über Ihre Insolvenzverwalterin bzw. Ihren Insolvenzverwalter leisten. Jede familiäre oder finanzielle Veränderung, einen Wechsel des Arbeitsplatzes, einen Umzug und Gewinne von mehr als 100 € müssen Sie sofort melden.

Auch wenn Sie arbeitslos sind, können Sie das VIV beantragen. Wichtig ist aber, dass Sie sich aktiv um einen Arbeitsplatz bemühen, sich auch selbst bewerben und jede zumutbare Stelle annehmen. Die Arbeitssuche müssen Sie nachweisen können.

Eine Teilzeittätigkeit ist nur dann akzeptabel, wenn Ihre Kinder noch auf Ihre Betreuung angewiesen sind (weil Sie z. B. keinen Hortplatz finden) oder wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können.

Haben Sie sich an diese Regeln gehalten, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung. Noch offene Schulden müssen Sie dann nicht mehr zahlen.

Geldstrafen und Geldbußen müssen Sie jedoch weiter bezahlen. Dies gilt auch für Schulden, die aus einer vorsätzlich begangenen Straftat entstanden sind und die die Gläubigerin bzw. der Gläubiger so angemeldet hat (z. B. Schmerzensgeld oder die Rückzahlung einer betrügerisch erlangten Geldsumme). Auch neue Schulden, die während des Insolvenzverfahrens entstanden sind, bleiben bestehen und sind von Ihnen zu zahlen.

Die Restschuldbefreiung kann verweigert werden, wenn Sie …

  • in den letzten 3 Jahren vor Antragstellung grob fahrlässig falsche Angaben gemacht haben, als Sie einen Kredit oder öffentliche Leistungen beantragt haben.
  • falsche Angaben im Insolvenzantrag gemacht haben.
  • in den letzten 3 Jahren vor Antragstellung Vermögen verschwendet oder unangemessene Schulden gemacht haben.
  • während des Insolvenzverfahrens neue Schulden machen, die Sie nicht zahlen und damit die Insolvenzgläubiger benachteiligen.

Wie lange dauert das Insolvenzverfahren?

Das Insolvenzverfahren dauert nach der Eröffnung durch das Gericht 3 Jahre. Am Ende wird per Gerichtsbeschluss die Restschuldbefreiung erklärt.

Achtung: Heben Sie diesen Gerichtsbeschluss unbedingt auf! Die Forderungen bestehen trotzdem noch. Die Gläubigerinnen und Gläubiger dürfen Sie auch anschreiben. Sie sind aber nicht mehr zur Zahlung verpflichtet. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind nicht erlaubt.

Kostet das Verfahren etwas?

Die öffentlichen Schuldnerberatungsstellen bieten ihre Unterstützung in der Regel kostenfrei an. Rechtsanwaltskanzleien müssen Sie bezahlen, falls Ihnen nicht Beratungshilfe gewährt wird.

Für das gerichtliche Verfahren fallen Kosten an. Stellen Sie einen Stundungsantrag, wenn Sie die Gerichtskosten nicht zahlen können. Das Insolvenzgericht stundet dann alle Kosten bis zur Restschuldbefreiung. Wenn etwas pfändbar ist, werden hiervon zuerst die gestundeten Kosten bezahlt.

Bleiben nach der Restschuldbefreiung noch Kosten übrig, wird jährlich geprüft, ob Sie angemessene Raten aufbringen können – maximal aber 4 Jahre.

Hinweis: Alle Insolvenzverfahren und die Beschlüsse des Insolvenzgerichts sind im Internet nachzulesen unter www.insolvenzbekanntmachungen.de

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